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CAN/ MB: Auch einfach nur «endlose Weite» kann schön sein – auf in die Prärie Richtung Westen

Von Anfang an war klar, dass wir auf dem Weg von der Ost- zur Westküste Kanadas auch Provinzen durchqueren, die uns bisher aus der Ferne in der Schweiz noch nicht aus persönlichen Reiseberichten begegnet waren. Provinzen, die einfach zum "grossen, mittleren Teil» gehören, den wir passieren wollen, um zu unserem nächsten Ziel, Vancouver in British Columbia, zu gelangen. 


Hierzu zählt auch die Provinz Manitoba, die östlichste der drei Prärieprovinzen Kanadas neben Saskatchewan und Alberta. Mit ihrer riesengrossen Fläche von 650.000km2 (mehr als das 15fache von der Schweiz) grenzt Manitoba im Westen an Saskatchewan, im Osten an Ontario, im Norden an Nunavut und im Süden an Minnesota und North Dakota in den USA.

 

Mit nur knapp 1.4 Mio. Einwohnern, wovon etwa 700.000 in der Provinzhauptstadt Winnipeg leben, ist die Provinz extrem dünn besiedelt. Wir fahren ganz entspannt und unaufgeregt lange Strecken, Felder und Weiden ziehen an uns vorüber. Landwirtschaft und zahlreiche Seen prägen das Bild der Provinz, der Anbau von Weizen, Raps, Sonnenblumen und Kartoffeln sind nur einige der Produkte, die lokal produziert werden. Je nördlicher man kommt, werden Äcker und Weiden von Wäldern abgelöst, bis sich dann die Tundra zur Hudson Bay erstreckt. 

Nach längeren Diskussionen - wieder einmal, was die Bereitschaft angeht, noch weitere Strecken zu fahren für den einen «Once-in-a-lifetime-Moment», entscheiden wir uns gegen einen Besuch von Churchill. In diesem Ort ganz im Nordosten der Provinz finden sich auf dem 58. Breitengrad in den Sommermonaten Eisbären und Belugas ein. Die Wale verbringen dort den Sommer, um ihre Jungen zur Welt zu bringen und schwimmen auch mal gerne bei Kajaktouren nebenher mit, so zumindest die Reiseliteratur dazu. Das hatte mich im Vorfeld sehr gefesselt sowie auch die Bilder der sich in den Wiesenblumen der Tundra tummelnden Eisbären.  

 

Mit Blick auf die Karte und noch anderen Wunschdestinationen haben wir uns jedoch gegen einen Besuch von Churchill, gegen 2000 km (Hin- und Rückweg) in den Norden hoch und gegen das Umsteigen auf ein anderes Transportmittel entschieden. Mit Calypso hätten wir die Tour nicht fahren dürfen, man gelangt ausschliesslich mit dem Zug oder per Flugzeug nach Churchill. Die meisten Tour-Angebote vor Ort wären auch mit Lotta und Matti noch nicht möglich gewesen, da vieles erst ab 12 Jahren gebucht werden kann.  

Dafür entscheiden wir uns aber für die Route auf direktem Weg von Ontario Richtung Westen. Einmal quer durch Manitobas Süden an Winnipeg vorbei mit einem Stopp in Portage la Prairie, einer kleinen Insel inmitten eines überschaubaren Provincial Parks bis zum «Riding Mountain National Park». Dieser 3000 km2 grosse Park, 300 km südwestlich von Winnipeg gelegen, setzt sich klar von der sonst so dominierenden Prärielandschaft mit seinem Mix aus Grasland, Hochland sowie Laubwäldern ab. Die Vielzahl an Tierbewohnern des Parks klingt beeindruckend, wir wollen natürlich unbedingt Bisons, Elche, Wölfe und Rehe sehen. 

 


Im Park angekommen halten wir kurz am «Visitor Centre» des Parks, eine tolle Einrichtung, in der man gleich Bekanntschaft mit den Bewohnern des Parks machen kann und viele edukativ wertvolle Informationen erhält. 

 


Den Bison können wir schon einmal «zusammensetzen», Matti traut sich das Biberfell zu streicheln. Leider erfahren wir, dass die horizontale Hauptachse, der Highway 19 von Ost nach West, wegen Brückeneinstürzen gesperrt ist, da es zu viel geregnet hatte. Dort ist auch das «Bison Enclosure» angesiedelt, ein Bison-Reservat, so dass klar ist, dass wir zumindest in diesem Park keine lebenden Bisons werden sehen können. Zumindest lernen wir schon so einiges über eines der zwei grössten Landtiere Nordamerikas. Doch soll es in Riding Mountain National Park noch etliche andere Tiere geben, denen wir hoffentlich am nächsten Tag begegnen werden. 


Wir entscheiden uns das erste Mal auf dieser Reise für einen Campingplatz, was in diesem Park eine Lichtung inmitten eines dichten Laubwaldes bedeutet. Nebenan kann man ein anderes Auto mit Zelt erahnen, doch sind wir gefühlt weitestgehend allein. 

Die Lage unseres Stellplatzes ist traumhaft schön – idyllisch, ruhig, so haben wir uns das Übernachten vorgestellt, auf uns allein gestellt, da wir die «unserviced» Option gewählt haben, komplette Eigenversorgung ohne Strom und Toilette und fast ohne Nachbarn. 

 

Lotta und Matti erkunden gleich die Gegend mit einem Walkie-Talkie am Hosenbund, damit sie uns im Falle einer Bärensichtung, schnell Bescheid geben können, so Mattis Plan. Generell nutzen wir die Funkgeräte, wenn sie sich entfernen, sei es in den Städten oder Parks, um in Verbindung zu bleiben.

 

Wir können das Wasser eines Sees schämenhaft durch das Blätterdickicht sehen, Lotta hat sich zum Ziel gesetzt, dort gleich zu prüfen, ob eine Badepause möglich ist – inklusive der obligatorischen Kletterpartie auf einen Baum. Der See stellt sich als ein kanadisches Exemplar aus meinen Bilderbuchträumen heraus: Menschenverlassen, naturgewaltig und Ruhe verströmend gesäumt von Bäumen, die bis zur Wasserkante reichen. 

 


Zurück am Stellplatz und unseren Abendessenplänen ziehen, wie so oft in der Dämmerung, Mückenschwärme auf, die mich nur halbherzig nach draussen gehen lassen. Komplett eingesprüht mit langen Klamotten geht es, auch wenn zahlreiche Exemplare um meinen Kopf schwirren. So lange sie nicht stechen, überwiegt die Lust am Feuer zu sitzen, das Essen auf der Picknickgarnitur zu geniessen, als drinnen in der ziemlich aufgeheizten Calypso alleine zu sitzen. 

 

Zum Dessert grillieren Lotta, Matti und Jan die obligatorischen Marshmallows – die XXL-Variante, 3 in 1, man gönnt sich ja sonst nichts, und wollen dann auch irgendwann rein, da die Mücken zu aggressiv werden. 


Am nächsten Morgen entscheiden wir uns für ein schnelles Frühstück und dafür, zuerst nach Tieren Ausschau zu halten, bevor es mit der Schule losgeht. Wir halten am "Moose Lake" und geniessen die frühen Morgenstunden. Riesengrosse Libellen sehen wir und einige plattgedrückte Stellen am Seeufer. Vielleicht waren die Namensgeber des Sees dort, leider zeigen sie sich jetzt nicht mehr. 


Wir versuchen unser Glück trotz Strassensperrung auf der Querachse, dem Highway 19, zum "Bison Enclosure" - zumindest soweit wir kommen. Leider ohne Erfolg, wir sehen keine Bisons und auch keine anderen Tiere. 


Danach wenden wir und versuchen eine andere Variante auf einer anderen Strasse. Doch hier macht uns Calypsos Leichtgewicht ein Strich durch die Rechnung, wir sind etwas zu schwer. 


Leider tauchen keine weiteren Tiere auf und wir entscheiden uns, weiter Richtung Westen zu fahren und die nächste Provinz in Angriff zu nehmen. 

 

Generell erscheint uns dieser Park als absolut sehenswert, wenn man denn alle Möglichkeiten des Tierbeobachtens nutzen kann. Uns war hier ein wichtiger Teil leider verwehrt, ein erinnerungswürdiges Erlebnis hatten wir jedoch allemal.

 

Wir sind froh, dass wir den Weg durch die Prärie bis zur Ostküste gewählt und nicht, wie von vielen unterwegs empfohlen, einen Schlenker über die  USA gemacht haben, um dann erst wieder in Alberta nach Kanada reinzufahren. Die Prärie hat für uns absolut ihren Charme.


Auf in die nächste Prärierprovinz – Saskatchewan.

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Kommentare: 3
  • #1

    Mila (Dienstag, 13 September 2022 11:40)

    Hallöchen

  • #2

    Walter (Mittwoch, 14 September 2022 22:01)

    Hallo Ihr Vier,
    es war schön, einmal eine Overlander-Familie persönlich kennen zu lernen. Von denen wir bislang doch nur aus deren Blog oder Vlog erfuhre. Ein bisschen Wehmut ist bei mir auch dabei, sowas nicht mit meinen Kinder gemacht zu haben. Wir finden es sehr spannend und werden Euch via Euren Blog weiter begleiten.

    @ Nadine. Ein Sehr gut gelungener Blog. mir gefallen euer Ikon, deine Fotos, die alleine bereits etwas erzählen und deine Bericht(e). Alle habe ich noch nicht gelesen.

    @ Lotta. Mann, was für eine tolle Idee, statt eine Schülerzeitung einen eigenen Reiseblog zu verfassen. Ich finde es auch ein bisschen mutig von Dir und habe jetzt bereits schon etwas mehr von Dir erfahren. Ich freue mich jetzt schon auf deinen weiteren Reisberichte.

    @ Matti. Du scheinst ja einen richtige Sportskanone zu sein. Genauso wie deine Schwester. Ich hoffe, Du findest viele gute Freunde in der Welt und bin auch bei Dir gespannt, was Du noch alles zu erzählen hast.

    @ Jan, eine tolle Familie seid Ihr! Pass gut auf alle auf und immer erwas Bodenkontakt unter den Reifen für die weitere Reise. �

    Liebe Grüße, Martian und Walter ���

  • #3

    Calypso (Donnerstag, 22 September 2022 10:19)

    Liebe Martina, lieber Walter

    vielen lieben Dank für Eure schöne Nachricht. Uns hat es ebenfalls sehr gefreut, Euch an dem wunderschönen See zu begegnen. Wie der Zufall es so manchmal will... Wir wünschen Euch noch eine spannende und vor allem gute Rückreise nach Halifax. Eure weiteren Reiseerlebnisse werden wir gespannt auf Eurem Blog verfolgen. Ganz liebe Grüsse von uns 4 und grüsst uns den Hohen Norden, wenn Ihr zurück seid