Endlich wieder reiten

Unsere Freunde haben uns eine Pferde-Ranch im Bundesstaat Washington empfohlen, um dort zu campen. Also beschliessen wir auf dem Weg zum Yellowstone National Park, dass wir dort vorbeifahren wollen. Zuerst schreiben wir die Ranch über die App «Harvest Hosts» an und fragen, ob sie noch Platz für ein so grosses Fahrzeug wie unsere Calypso haben.

«Harvest Hosts» ist eine App, über die Camper wie wir einen Stellplatz für die Nacht bei Privatpersonen oder kleineren Unternehmen finden können, die genug Platz für grosse Wohnmobile oder Expeditionsfahrzeuge haben. Die Mitglieder auf dieser App sind meistens schön in der Natur gelegen. So auch die Ranch, die vielen, schönen Pferden ein zu Hause bieten soll. 

Emily, die Besitzerin gemeinsam mit ihrem Mann Orlando, antwortet sofort auf unsere Anfrage, dass sie sich schon sehr auf uns freuen. Als wir am 3. Oktober auf ihrer Ranch in der Nähe der Stadt Spokane ankommen, gehe ich sofort zu den drei Pferden, die zusammen auf einem Paddock stehen. Gegenüber gibt es einen Stall mit drei Boxen, in denen ein altes Rennpferd, Bowie, und ein weiss-schwarz geflecktes Island-Pony, Hercules, stehen. Auf einem weiteren Paddock stehen einige Füchse.

Wir fahren aufs Gelände und stellen Calypso auf einer Wiese zwischen Stall und Wohnhaus ab. 

Dann kommt der Besitzer Orlando mit seinem Hund Maddie, begrüsst uns und zeigt uns alles auf seiner Ranch. Wir laufen zu den Pferden und dürfen jedem Pferd ein Leckerli geben. Wir sind nicht die einzigen Gäste bei Emily und Orlando. Es steht bereits seit einigen Tagen eine umgebaute Ambulanz auf der Wiese mit einem Pärchen aus Georgia in den USA. Am Abend kommt ein weiteres Fahrzeug an, ebenfalls eine umgebaute Ambulanz. 

Orlando freut sich richtig, dass bei ihnen nur sehr spezielle Fahrzeuge stehen und nicht nur normale Wohnmobile. 

Als es dunkel wird, macht Orlando ein Lagerfeuer an, um das wir alle zusammensitzen und die Wärme geniessen.

Ich brate für alle Marshmallows und bereite S’mores zu, die ich bei unseren Freunden auf Vancouver Island kennengelernt habe.

S’mores sind gebratene Marshmallows, die man mit einem Stück Schokolade zwischen zwei Kekse legt und dann eine Art sehr süsses Sandwich hat. Die Bedeutung des Wortes S’mores ist eine verknappte Variante auf Englisch von «some more» und heisst auf Deutsch «einige mehr». So schmecken sie auch, sehr lecker und man möchte immer mehr davon essen. 

Wir reden alle lange zusammen am Lagerfeuer und alle erzählen woher sie kommen, was sie am Reisen so mögen und welche Sprachen sie sprechen. 

Am nächsten Morgen stehen Matti und ich auf und gehen gleich zu den Pferden. Es ist toll, aus dem Fenster zu schauen und die wunderschönen Tiere zu sehen. Es riecht auch gleich schön nach Pferd, sobald wir die Tür von Calypso öffnen.

Kurz vor dem Frühstück läuft ein Mädchen auf die Ranch und geht zu Hercules und Bowie. Es ist Macy, die eine Reitbeteiligung hat und sich um die beiden Pferde kümmert. Wir können ihr beim Putzen und Füttern helfen. Danach dürfen wir eine Runde auf Hercules im Schritt reiten. Ich darf sogar traben. Matti sitzt zum ersten Mal auf einem Pony und ist ganz aufgeregt. Danach frühstücken wir und machen Schule. 

Wir warten bis Orlando von der Arbeit nach Hause kommt und misten bis dahin freiwillig die Paddocks aus. Mit Orlando satteln wir die zwei Pferde, Kimber und Maxi, mit Westernsattel und führen sie auf den Platz. 

Ich darf mich auf die Fuchsstute Maxi setzen, Emily kommt mit der dunkelbraunen Stute Kimber hinterher.

Zusammen reiten wir zuerst im Schritt los. Matti möchte auch noch einmal reiten, also fragen wir Emily, ob das möglich ist. Emily sagt ja und rutscht vom Sattel auf den Popo von Kimber, um Matti Platz zu machen.

Orlando hebt Matti hoch und los geht es nun zu dritt weiter im Schritt. Ich möchte schneller werden und frage, ob ich traben darf. Zuerst trabe ich an der Longe, weil Emily schauen möchte, wie ich reiten kann. Danach darf ich frei über den ganzen Platz traben, auf dem ein Parcours aufgebaut ist.

Am Ende fragt mich Emily sogar, ob ich nicht galoppieren möchte. Es macht richtig viel Spass. 

In der Zwischenzeit hat Matti in der Ecke des Reitplatzes ein Lasso entdeckt und übt sich im Werfen wie ein Cowboy. 

Nach dem Reiten spielen wir noch mit den Reifen, die eigentlich für Springübungen gedacht sind. Emily rollt uns über den Platz und versucht sogar, sich selbst in einen der Reifen zu quetschen.

Die beiden Ziegen und der Hund Maddie auf der Ranch laufen die ganze Zeit auf dem Platz herum, auch gerne mal zwischen den Pferden und den Reifen.  

Am zweiten Abend sind nur noch wir auf der Ranch. Wir haben uns überlegt, etwas Typisches aus der Schweiz für die unsere Hosts zu kochen. Wir machen Raclette auf dem Feuer. Allen schmeckt es sehr gut.

Am Morgen fahren wir gemeinsam mit Orlando und seinem Hund Maddie in die Stadt "Coeur d'Alene" und treffen dort Emily in ihrer Mittagspause. Sie ist Polizistin und möchte uns ihr Polizeiauto zeigen und ein gemeinsames Foto vor Calypso mit uns machen. Das Auto hat viele Kameras – vorne, hinten und in der Mitte. Matti darf sich sogar einmal hinten reinsetzen wie ein richtiger Verbrecher. 

Danach gehen wir auf einen Pumptrack und Matti fährt mit seinem Scooter herum. Als wir uns verabschieden ist die kleine Hündin Maddie wieder dabei. 

Die Zeit bei Orlando und Emely war richtig toll. So nahe bei den Pferden zu sein und so viel Platz zu habe, war eine schöne Abwechslung. Zum Glück hatte ich meinen eigenen Reithelm und Rückenpanzer dabei. Nur meine Reithose war bei Calypso im Auto, so dass ich ohne sie reiten musste. 

Zum Abschied haben wir beiden ein selbstgemachtes Birchermüsli mit Rezept geschenkt. Orlando hat uns eines seiner Lieblingsmesser geschenkt, Papa hat ihm zur Erinnerung an uns eines seiner Schweizer Messer geschenkt. So hat jeder ein schönes Andenken an den anderen.

Wir möchten sehr gerne wiederkommen, wenn wir es nochmals in den Nordwesten von den USA nach Washington State schaffen, und Orlando, Emily und die Tiere wiedersehen.