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MEX/ BCS: Turtle Release in Todos Santos

Nach dem Abenteuer in La Paz bei den Walhaien fahren wir am 30. Dezember weiter nach "Todos Santos" auf der "Baja California Sur". In Todos Santos entscheiden wir uns für einen Strand, an dem das Campen erlaubt ist und der sehr gute Bewertungen bei iOverlander hat.

Der Strand ist sehr schön, lang und sehr breit mit beeindruckend grossen Wellen. Wir suchen uns einen schönen Platz und treffen Reisefreunde aus Deutschland, Susanna und Roland, die wir schon auf einigen Stellplätzen in der Baja California getroffen haben. Wir reden ein bisschen über unsere bisherige Reiseroute und was wir alles in der Zwischenzeit erlebt haben.

Sie sind bereits ein paar Tage an diesem Strand und erzählen uns, dass man ein Stück den Strand hinunter beim Sonnenuntergang Baby-Schildkröten sehen kann, die ins Meer krabbeln


Das wollen wir unbedingt auch sehen, darum fahren wir am frühen Abend zum Strand. Wir erreichen die beschriebene Station mit einem kleinen Planengewächshaus, in dem die Schildkröteneier schlüpfen können. Wir warten zehn Minuten bis mehrere Leute um den kleinen Zaun vor der Station stehen. Freiwillige, die für die «Tortugueros Las Playitas" Organisation arbeiten, fahren mit einem Quad vor und gehen durch ein Tor in die Station rein. Sie erklären auf Englisch und Spanisch Näheres über die Schildkröten, das Projekt und die Organisation, für die sie freiwillig arbeiten. 


An diesem Strandabschnitt werden von Ende November bis Anfang April nachts Schildkröteneier eingesammelt, damit sie von Vögeln, Schlangen und anderen Fressfeinden geschützt werden. Die Eier werden dann in das Gewächshaus gebracht und im heissen Sand eingebuddelt, wie in einem richtigen Schildkrötennest. Dann werden die Eier dort zu Ende ausgebrütet und die kleinen Schildkröten schlüpfen dort sicher ohne äussere Gefahren nach einiger Zeit. Die Organisation, die dieses Gewächshaus betreut, arbeitet nur mit freiwilligen Helfern. Jeder kann sich dort melden und für einen Tag, eine Woche oder auch mehrere Wochen freiwillig mithelfen.


Die heutigen Freiwilligen, die «Volunteers» genannt werden, stellen vier Schüsseln mit frisch geschlüpften Baby-Schildkröten direkt hinter den Zaun und alle fotografieren die kleinen, süssen Tiere. Die Freiwilligen laufen immer wieder ins Gewächshaus rein und holen frisch geschlüpfte Jungtiere hinaus.

Als die Sonne untergeht, sollen die Schildkröten freigelassen werden. An diesem Abend gibt es nicht genug Helfer, für jede Schüssel braucht es nämlich eine Person. Mein Papa meldet sich freiwillig, um eine Schüssel zum Meer zu tragen und die Schildkröten in die Freiheit zu entlassen.

Alle Freiwilligen laufen zum Wasser und nehmen die Schildkröten einzeln ganz vorsichtig aus den Schüsseln heraus. Die kleinen Schildkröten krabbeln zum Wasser und schwimmen ins offene Meer hinaus. Wir schauen alle wie gebannt zu, wie sich diese unglaublich kleinen Tiere ihren Weg bahnen.


Das Freilassen der jungen Schildkröten findet jeden Tag gegen sechs Uhr abends während des Sonnenuntergangs statt. Ich finde die Babys sehr süss und möchte unbedingt wissen, wie sie schlüpfen und wie es sich anfühlt, diese für den "Turtle Release" vorzubereiten. Wir gehen zur Station zurück und fragen, ob Matti und ich am nächsten Tag helfen dürfen. 

 

Wir werden als freiwillige Helfer, als "Volunteers for a Day", eingetragen. Nach dem Aufstehen schauen wir beim Frühstück auf die grossen Wellen und beobachten die Wellenreiter bei ihrem Frühsport. 


Um zehn Uhr morgens gehts bei uns los mit unserer Schicht bei den "Tortugas". Wir sind die einzigen Helfer an diesem Tag und bekommen eine Einführung, was wir tagsüber zu erledigen haben. Matti und ich müssen alle 15 Minuten in das Gewächshaus hineingehen und kontrollieren, ob Tiere geschlüpft sind. Wenn das der Fall ist, müssen wir sie raustragen und in eine vorbereitete Schüssel mit Sand legen.

Diese Schüssel ist im Sand eingegraben und mit einem Brett zugedeckt, damit die Kleinen den ganzen Tag über schlafen und Kraft sammeln können, um am Abend in die Freiheit zu schwimmen.


Auf einem Schild sehen wir die verschiedenen Schildkröten-Arten, die es an diesem Strand gibt. Gerade gibt es nur Eier der Art "Olive Ridley", das ist die kleinste Schildkröten-Art hier in Todos Santos. Wir stellen uns einen Wecker auf meiner Uhr und machen vor dem Gewächshaus "Home-Schooling". Zwischendurch male ich die Schildkröten von der Erklärtafel in mein Zeichenbuch ab. 


 

Alle 15 Minuten gehen wir ins Gewächshaus rein, doch tut sich eine ganze Weile nichts. Wir sind schon ein bisschen enttäuscht, da am Abend zuvor 150 Schildkröten-Babys geschlüpft waren. Nach etwa zwei Stunden ist die erste Schildkröte geschlüpft und ich trage es zur Schüssel nach draussen. In dieser liegen bereits zehn Schildkröten, die vor unserer Schicht auf die Welt gekommen sind. Ich lege die kleine Schildkröte zu den anderen und lasse sie unter dem Brett wieder schlafen. Wir notieren uns, in welchem Nest und wann das Baby geschlüpft ist, da dies alles dokumentiert werden muss. 


Auf einmal ruft uns Papa zum Zaun, da er Wale am Horizont entdeckt hat. Wir sehen mehrere Buckelwale während unserer Schicht, die sich mit ihrem Blas gut sichtbar für uns bemerkbar machen. Die Baja California ist sehr bekannt dafür, dass man das ganze Jahr über, aber ganz besonders gut von Dezember bis April, Wale sehen kann. 


Das zweite Baby kommt leider tot zur Welt. Wir sind alle sehr traurig, Matti ganz besonders, weil es seine Schildkröte war, die er hinaustragen wollte. Wir hoffen, dass die weiteren Schildkröten lebendig schlüpfen werden. Insgesamt können wir bis 17:00 nur vier Schildkröten aus dem Gewächshaus tragen.

Dann haben wir bis 18:00 eine Pause und treffen uns wieder mit den Verantwortlichen der Organisation, um die Nester zu kontrollieren und von den Eierschalen und Kot zu reinigen. Dabei entdecken wir viele kleine Babys, die geschlüpft sind, aber noch unter dem Sand verborgen waren. Wir können insgesamt 50 Schildkröten ins Freie bringen und auf Schüsseln verteilen. Wir zählen die Eierschalen und  die geschlüpften Tiere, reihen diese ganz genau auf, damit alles dokumentiert werden kann. 


Wie am Abend zuvor kommen viele Leute, die sich für den "Turtle Release" interessieren, zur Station. Dieses Mal stehen Matti und ich jedoch hinter dem Zaun und sind bereit, eine Schüssel zu übernehmen, um sie ans Meer zu tragen. 


Als es soweit ist, laufen wir mit den anderen Freiwilligen zum Strand und setzen die kleinen Schildkröten einzeln in den Sand. Sie werden von der Gischt der Wellen ein wenig herumgeschleudert, manche landen sogar auf dem Rücken und brauchen nochmals meine Hilfe. Ich drehe sie herum und bei der nächsten Welle schwimmen sie dann ins Meer hinaus. Matti und ich bleiben so lange, bis es auch die letzte Schildkröte von uns geschafft hat, ins Meer zu schwimmen. Die Sonne ist schon fast ganz untergegangen. 


Der Tag war sehr besonders für uns. Matti und ich haben eine ganze Tagschicht alleine gemeistert, viele Stunden immer wieder nach den Nestern geschaut und dabei noch unsere Aufgaben für die Schule erledigt. 

Dieses Erlebnis werden wir nicht vergessen. Wir konnten beim Schlüpfen der Schildkröten dabei sein, diese den ganzen Tag betreuen und abends in die Freiheit entlassen.

Wir haben viel über das Eierlegen, die Gefahren und das Schlüpfen der Schildkröten gelernt. An unserem ersten Silvesterabend am Strand essen wir gemeinsam mit unseren Reisefreunden Susanne und Roland unser «Calgary-Essen» (ein Gericht, was wir bei unseren Freunden in Calgary kennengelernt haben) und lassen das Jahr 2022 so ausklingen.


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