
Nordamerika - von Kanada bis Mexiko mit Abschluss in Costa Rica...
Wir sind so oft gefragt worden, wo wir denn stecken, auf welcher Route wir bisher gefahren sind und was denn passiert ist, dass wir auf einmal nicht mehr westwärts, sondern nach Süden abgebogen sind.
Und es kam dann doch ganz anders, als geplant, obwohl wir ja eigentlich nie planen wollten auf dieser Reise. Zumindest EINMAL nicht planen in unseren sonst so durchgetakteten Leben.
Mit welcher Grobplanung sind wir in dieses Abenteuer gestartet? Eigentlich immer mit der Intention, so wenig wie möglich zu planen und sich treiben zu lassen. Es war uns schon vor Start unserer Reise klar, dass es ein Husarenstück werden würde, nicht doch zu planen, zumindest in grösseren Zwischenetappen.
Für meine Verhältnisse sind wir relativ planlos im Juli 2022 gestartet - nur mit dem Etappenziel vor Augen, möglichst von Vancouver oder zumindest von der Westküste Nordamerikas Calypso Richtung Ozeanien zu verschiffen, um Ende 2022/ Anfang 2023 dann in Neuseeland unsere Reise zu fünft fortzusetzen.
Das bestimmte dann auch unsere Reisegeschwindigkeit in Kanada erheblich und unterschwellig auch immer unsere Gelassenheit und das "Sichdanndochnichttreibenlassen". Am Ende konnten wir bei all den Bemühungen von Jans Seite keine Schiffspassage für Calypso finden.
Auch noch so jeden Agenten in allen Herren Ländern hat Jan kontaktiert, am einzelnen Dollar oder Euro sollte es nicht scheitern. Doch keine Passage konnte uns fest zugesagt werden.
Ein Angebot schlugen wir dann zuletzt aus, welches uns für 20 000 USD von Tacoma (nahe Seattle) bis nach Panama gemacht wurde mit einer Option auf eine Weiterfahrt nach Auckland Neuseeland. Garantieren konnte uns diese Weiterfahrt trotz Vorkasse aber keiner.
Somit fanden wir uns wochenlang, beinahe monatelang immer wieder in Diskussionen verfangen, was denn nun eine weitere Reiseroute sein könnte.
Die Panamericana drängte sich natürlich schnell auf, war dies doch ein Lebenstraum von so vielen Reisenden, die wir trafen. Overlander, die uns von Süden entgegenkamen oder die sich im Norden bereit machten, immer gegen Süden Richtung Feuerland zu fahren. Komischerweise triggerte uns beide diese Option nicht wirklich.
Was sollten wir tun? Eine wahre Luxussituation, ungebunden ohne zeitliche Restriktionen eine Entscheidung zu treffen, ob wir doch durch die USA Richtung Mexiko und weiter südlich reisen sollten?
Die Rückverschiffung nach Europa kam aufgrund des Winterhalbjahres nicht in Frage, genauso war das weitere Reisen in Kanada ab Ende September keine Alternative. Mit Calypso wären Minustemperaturen dank guter Isolation in der Wohnkabine und Generator kein grösseres Problem gewesen, doch konnten wir uns ein Leben über mehrere Monate bei Schnee, Eis und Kälte mit Homeschooling im kanadischen Winter nicht wirklich vorstellen.
Die Entscheidung fiel auf Vancouver Island, weiter Richtung Süden zu fahren. Auch wenn die USA so gar nicht auf unserer Agenda gestanden hatte, freuten wir uns auf den Besuch der vielen US-Nationalparks inzwischen sehr. Weiter nach Mexiko zu reisen, stand noch in der Schwebe.
Aus einem tief sitzenden Impuls heraus, der sich immer wieder bemerkbar machte, sträubte sich etwas in mir, mit den Kindern nach Mexiko einzureisen. Zu viele negative Reiseberichte und Erzählungen hatte ich gelesen, als dass ich mich davon komplett hätte lösen können.
Doch erst mal nur USA und dann weitersehen, ob wir doch noch ein Schiff ins erträumte Neuseeland bekommen würden, damit starteten wir mit unserer Einreise in den Bundesstaat Washington State Ende September.
Etliche Wochen, Gespräche mit Reisenden, Anfragen bei Agenturen und Schifffahrtsgesellschaften später entschieden wir uns dann Ende November, in die Baja California über den Grenzübergang Tecate nach Mexiko einzureisen.
Mexiko ist ein wunderschönes Reiseland mit herzlichen Menschen, gutem Essen auch für Vegetarier, wenn man sich etwas mehr Mühe gibt, fantastischen Landschaften und einem unerschöpflichen Kulturschatz.
Bis zuletzt konnte ich nie ganz die Sorge ablegen, dass wir doch noch mit kriminellen Machenschaften in Kontakt kommen würden. Doch war dies trotz der Gewaltausbrüche rund um Mazatlán im Bundesstaat Sinaloa, welche wir glücklicherweise um 24h verpassten, unbegründet. Bis auf eine "klassische" Begegnung mit der "Policia Municipal" in Tecate, in der wir angehalten wurden einen horrend hohen Strafzettel für eine Nichtigkeit zu bezahlen, und einer Strassensperre von Kindern, die wir leider überfahren mussten, weil wir so spontan nicht bremsen konnten, sind wir in keine Situation gekommen, die auch nur annähernd kritisch war.
Mein Sicherheitsempfinden geprägt durch zu viel Bedarf an Schweizer Doppel- und Dreifachabsicherung und einem nicht immer ausreichend vorhandenen Urvertrauen haben das Reisen in Mittelamerika teilweise erschwert.
Die menschlichen Begegnungen, die wir in Mexiko hatten, waren mit die schönsten und inspirierendsten bisher und somit können wir es nur empfehlen, sich diesem Abenteuer zu stellen.
Einfach nicht im Dunkeln fahren, sich mit anderen Reisenden über Routen austauschen, mit Locals sprechen und nicht mit der Polizei verhandeln wollen, sind goldene Grundsätze, die es in Mexiko zu befolgen gilt. Dann ist das Reisen so gefährlich oder nicht wie gefährlich wie in anderen Ländern auch.
Nach über 25 000 km auf dem Kontinent Nordamerika haben wir nach ausschliesslich guten Erfahrungen trotz allem entschieden, bereits ab Veracruz an der Karibikküste Mexikos zurück nach Europa zu verschiffen und unsere Reise in Europa noch einige Zeit fortzusetzen.
Calypso benötigt einen Besuch im Schönheitssalon und muss sich einigen Behandlungen unterziehen, die wir in Mexiko und generell in Zentralamerika leider nicht durchführen konnten. Auch ein Besuch in der MAN-Hauptniederlassung in Querétaro in Mexiko hat uns nicht dabei weitergeholfen, ein paar wichtige technische Dinge zu fixen.
Somit wurde uns die Entscheidung, doch noch weiter bis nach Panama zu fahren und dann nochmals in uns reinzuhören, wie weit südlich wir noch reisen wollen, abgenommen.
Nun sind wir gerade in Costa Rica, lassen es uns für einen Monat an der Pazifikküste mit Home-Schooling und Surfen gutgehen, während Calypso auf dem Weg zurück nach Antwerpen ist. Dort nehmen wir sie dann Anfang April wieder in Empfang.
Mit weinenden Augen verlassen wir den Kontinent und brechen wieder Richtung Europa auf, doch war es gerade wohl nicht der richtige Zeitpunkt für das Abenteuer Ozeanien und Südamerika.
Wir sind ja noch jung, sagten uns Reisefreunde, so jung, dass wir uns noch einige Male aufmachen können, die Welt zu entdecken und uns neu zu erfinden. Es ist also alles nur eine Frage der Perspektive.
Wir haben natürlich grobe Pläne - mal wieder - wie es nach der Werkstatt in Deutschland mit Calypso und uns weitergehen soll, doch kann sich das noch so oft ändern.
Bis dahin geniessen wir die "Pura Vida" hier in Costa Rica mit einigen der schönsten Strände und Wellen der Welt.
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Hilke (Samstag, 25 Februar 2023 06:02)
So ein bisschen von Euren Plänen in einem Amsterdamer Straßencafé zu lesen, ist auch ein besonderer Luxus.
Ich bin gespannt ,
wie es bei Euch weitergeht…